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Warrants Talk  


Währungsoptionen I Wie liquide sind Erdölwarrants?

Oliver Disler: "Währungsoptionen: Eine gute Anlagealternative zu richtungslosen Aktienmärkten?"
Oliver Disler ist bei Société Générale zuständig für das Marketing von derivativen Produkten und veranwortlich für die Produktekategorien Warrants, Zertifikate und Reverse Convertibles.

Herr Disler, die Devisenmärkte verhalten sich in letzter Zeit besonders volatil, warum sehen Sie gerade hier eine attraktive Anlagealternative zu Aktien und Obligationen?

Oliver Disler:
Seit den verpatzten US-Präsidentschaftwahlen anfangs November, ist das Vertrauen in den US Dollar merklich gesunken und der schier unaufhaltsame Aufwärtstrend scheint gebrochen. Der Greenback schwankte allein in der letzten Woche in der relativ breiten Bandbreite von rund 1.70 - 1.80 CHF hin und her. Wie Sie aus der untenstehenden Graphik entnehmen können, avancierte der Dollar gegenüber dem Schweizer Franken von einem Allzeittief von USD/CHF 1.111, im April 1995 bis auf vorderhand knappe USD/CHF 1.83. Zur Zeit handelt der Dollar gegenüber dem Schweizer Franken bei 1.70, was immer noch einem markanten Anstieg von ca. 53 % seit 1995 entspricht. Wie sich der US Dollar gegenüber dem Schweizer Franken oder dem Euro in den nächsten Monaten weiterentwickeln wird, sind sich nicht alle Analysten und Prognostiker einig. Es gibt jedoch zur Zeit einige Anzeichen, dass sich das Wachstum der amerikanischen Wirtschaft effektiv etwas abkühlen dürfte. Somit hätte die US Notenbank auch die Möglichkeit, die Zinsen im nächsten Jahr wieder etwas zu senken. Eine Betrachtung der momentanen wirtschaftlichen Entwicklung in den EU-Ländern zeigt zudem, dass die Wachstumsaussichten trotz gelegentlicher Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank noch vergleichsweise intakt sind. Das könnte zusammengefasst bedeuten - fügt man noch einige Prognosen namhafter Bankinstitute dazu -, dass sich der Dollar in den kommenden Wochen und Monaten gegenüber dem Euro und Schweizer Franken etwas abschwächt.
Ob nun ein Investor seine in Dollar geführten Positionen (Obligationen, Aktien etc.) gegenüber einem erwarteten Kursrückgang der US-Valuta absichern möchte oder aber ein tradingorientierter Kunde von deren zur Zeit besonders hohen Kursausschlägen profitieren möchte, der Einsatz von Währungsoptionen bietet beiden Anlegertypen interessante Möglichkeiten. Da die Volatilitäten von Devisenoptionen (USD/CHF zirka 13.5 % auf 6 und 12 Monate) verglichen mit denjenigen von Aktienoptionen verhältnismässig tief liegen, resultieren daraus auch entsprechend niedrige Prämien und respektive überdurchschnittlich hohe Hebel- und Leveragefaktoren. Dieser Umstand ist nicht nur für den kurzfristig orientierten "(Day)-Trader" interessant, sondern auch für Investoren, welche Ihr Dollar-Engagement absichern möchten. Denn je tiefer die Prämie einer Option ist, desto weniger kostet natürlich die Absicherung.

Währungsoptionen werden schon seit geraumer Zeit von diversen Bankinstituten angeboten, die Resonanz des Publikums schien bisher aber eher gedämpft. Warum sollte sich das jetzt ändern?

Oliver Disler:
Richtig ist, dass die Währungsoptionen etwa zeitgleich mit dem Boom der Equity-Warrants aufgekommen waren, oftmals jedoch nicht an einer Börse zum Handel kotiert wurden. Die Preisfeststellung findet meist im sogenannten "over-the-counter" (OTC) Handel statt. Um die Transparenz (z.B. Preisbildung / gehandelte Volumina) zu erhöhen, die Depotbewertung und Handelbarkeit (Online-trading) zu verbessern und zu vereinfachen, hat Société Générale mehrere Serien Call- und Put-Warrants auf den Dollar/Franken und Euro/Dollar emittiert. Diese werden seit dem 11. Oktober auch an der SWX Swiss Exchange gehandelt. Die Warrants haben eine Restaufzeit von noch gut 7 Monaten.

Ein weiteres Problem war sicher auch das Verständnis der Anleger für das doch relativ komplizierte Instrument. Können Sie unseren Lesern eine Kurzeinführung vermitteln ?

Oliver Disler:
Im Prinzip unterscheiden sich die Währungsoptionen nur geringfügig von herkömmlichen Aktien- oder Indexwarrants. Das scheinbar Schwierige liegt wohl eher in dem "Schleier" den die Zweitwährung über das Produkt legt. Mit dem fortschreitenden Verständnis der Anleger für das Anlageinstrument Warrant zeigt sich jedoch sehr schnell, dass auch bei Devisenoptionen nur mit Wasser gekocht wird, allerdings mit Schnellkochplatten.
Dazu ein kurzes Beispiel: Derivat Ein Anleger erwarte, dass sich der Euro gegenüber dem USD nach lang andauernder Talfahrt weiter erholen wird. Der Call-Warrant EURUP (Valor 1'133'742) mit Ausübungspreis (Strike) von USD 0.85 pro 1 Euro und einem Bezugsverhältnis (Ratio) von 1/10 (d.h. ein Warrant berechtigt zum Kauf von 10 Euro zum Preis von 8.50 USD) kotiert bei einem Wechselkurs (Spot) von 0.88 USD pro 1 EUR bei CHF 0.97 / 0.99. Bei einem Optionsdelta von 69% und einer angenommenen Wechselkurssteigerung auf EUR/USD 0.90 ergibt sich eine theoretische Warrantpreisänderung von 0.02 USD*0.69*10 = 0.14 USD = 0.23 CHF.
Bereits bei einem Anstieg des Euro um lediglich 2 cents, klettert der Optionspreis in diesem Beispiel von CHF 0.99 (=USD 0.58) auf CHF 1.22 an ! Eine Preisveränderung im Basiswert von etwas mehr als 2% bewirkt also eine Warrantpreisänderung von 23%! Dies entspricht einem Leveragefaktor (Omega) von 10.4. Das Omega gibt an um viele Prozent sich der Optionspreis unter sonst gleichen Umständen verändert, wenn sich der zugrundeliegende Basiswert um 1 % bewegt.

Der Schnellkochplatteneffekt war ziemlich einleuchtend. Vermutlich funktioniert dass jedoch in beide Richtungen. Welche Tips hätten Sie denn in der aktuellen Situation?

Oliver Disler:
Bezüglich des Riskos haben Sie auf jeden Fall Recht. Die Marktrichtung kenne ich jedoch genau so wenig wie der Anleger. Ich bin also ebenfalls auf Spekulation oder gründliche Analyse angewiesen. Wichtig scheint mir daher, dass der Anleger einen guten Marktkontakt (aktuelle Information, am besten Online) unterhält und bei guter Performance nicht auf den letzten Rappen setzt, sondern schnell seine Gewinne realisieren kann. Auch hier sind Internetbanken eine privilegierte Handelsform.

Herr Disler, sind Währungsoptionen auch für nicht spekulative Anlagestrategien interessant?

Oliver Disler:
Aber natürlich - hoch interessant sogar! Lassen Sie mich das Thema ein bisschen detaillierter angehen:

Ein gutes Anwendungsbeispiel für den Einsatz von Währungsoptionen sind Absicherungsgeschäfte. Investoren, welche in den letzten Jahren einen Teil ihres Kapitals in USD-Anleihen oder Aktien angelegt haben, konnten sich nicht nur über relativ hohe Couponausschüttungen freuen, sondern verbuchten zusätzlich noch angenehme Währungsgewinne. Damit aber aus Währungs(-buch)-Gewinnen auch effektiv erzielte Erträge werden, müssen diese auf die eine oder andere Art auch realisiert werden. Ein Schweizer Investor wählt für sein Portfolio normalerweise den Schweizer Franken als Referenzwährung. Wenn sich nun ein solcher Anleger dazu entschliesst, seine Währungsgewinne zu realisieren, stehen ihm grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Auswahl. 1. Verkauf der Dollar-Anleihen oder Aktien und Umtausch des Barguthabens in Schweizer Franken.
2. Absicherung des Währungsgewinnes mittels Devisenoptionen. Diese Variante ermöglicht es dem Investor in den Dollarpapieren investiert zu bleiben, sichert jedoch nur das Währungsrisko (nicht das Kursrisiko!) des Portfolios ab.

Aufgrund eines bisher ungenügenden Angebotes waren solche Absicherungsgeschäfte bisher oft institutionellen oder anderen professionellen Anlegern vorbehalten. Die börsenkotierten Währungsoptionen schaffen nun auch erstmalig eine liquide und transparente Absicherungsmöglichkeit. Es sei jedoch an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der ungeübte Anleger sich in jedem Fall vorab informieren sollte, ob der von ihm an der Börse ausgemachte Warrant auch tatsächlich seinem Absicherungsbedürfnis (Optionsart, Strike, Fälligkeit) entspricht. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, abzuklären wieviele Optionsscheine für eine optimale Absicherung des US-Dollar Engagements nötig sind.

Im folgenden Beispiel sei angenommen, dass ein Investor sein USD-Portfolio-Anteil in Höhe von USD 150'000 auf dem aktuellen Wechselkurs von USD/CHF 1.70 abzusichern wünscht. Der Investor erwartet in den nächsten paar Monaten einen deutlichen Kursrückgang des CHF/USD-Wechselkurses auf CHF 1.50 pro 1 USD. Der gewünschte Gegenwert bei unveränderten Portfoliowert entspricht also CHF 255,000. Eine optimale Währungsabsicherung entspräche daher dem Recht, den USD zu 1.70 CHF verkaufen zu können.

Der Put-Warrant USDON (Valor: 1'133'821) mit Ausübungspreis CHF 1.75 kotiert bei einem USD/CHF-Spotpreis (aktueller Kurs) von 1.70 mit CHF 1.15 / 1.17. Dieser Put befindet sich bereits leicht "im Geld" oder "in-the-money" und hat eine Ratio von 10 USD pro Warrant. Zu beachten gilt zunächst, dass der Warrant unter diesen Umständen einen "break-even" von CHF 1.75-(CHF 1.17/10) = CHF 1.6330 aufweist. Das heisst unter anderem, dass der Investor implizit annimmt, dass der CHF/USD-Wechselkurs bei Verfall mindestens unter 1.6330 CHF pro 1 USD liegen wird, damit der Kauf dieser Option für eine Absicherungsstrategie auf Verfall sinnvoll ist. Liegt der Dollar bei Verfall bei CHF 1.6330 - also beim "break-even" - erhält der Investor lediglich die investierte Optionsprämie zurück. Damit auch eine quasi-statische Absicherung möglichst effizient ist, sollte bei der Berechnung der Anzahl Optionen das Delta (-0.63) mit einbezogen werden. Folgende vereinfachte Rechnung könnte angewendet werden:

(Abzusichernder Betrag / Bezugsverhältnis (10 USD pro Warrant)) dividiert mit dem Delta oder ((USD 150' 000/USD 10) / 0.63) ergibt rund 23'810 Putoptionen USDON à CHF 1.17, welche für eine Absicherung gekauft werden müssten. Der US Dollar fällt nun - wie erwartet - und handelt kurz vor Verfall der Option bei CHF 1.50. Die USD 150'000 reduzieren sich nun umgerechnet auf CHF 225'000, was einem "Währungsverlust" von CHF 30'000 entspricht (CHF 255'000 - CHF 225'000 = CHF 30'000). Durch den Rückgang des Dollars hat die Put-Option stark an Wert zugenommen und kann nun kurz vor Verfall zu CHF 2.50 (Ausübungpreis - aktueller Spot oder CHF 1.75 - CHF 1.50 = CHF 0.25 multipliziert mit 10) verkauft werden. Der Gewinn aus diesem Absicherungsgeschäft beläuft sich somit auf CHF 2.50 - CHF 1.17 = CHF 1.33 pro Warrant, multipliziert mit der Anzahl der gekauften Optionsscheinen, also CHF 1.33 x 23'810 = CHF 31'667. Somit resultiert aus dieser Währungsabsicherung sogar noch ein kleiner Gewinn, nämlich CHF 1'667 (Absicherungsgewinn - Währungsverlust oder CHF 31'667 - CHF 30'000 = CHF 1'667). Wie bereits erwähnt wurde bei diesem Beispiel angenommen, dass der Kurswert der USD-Positionen unverändert geblieben ist, was natürlich in der Realität nicht der Fall ist.

Eine wichtige Voraussetzung bevor man ein Absicherungsgeschäft in Betracht zieht, ist dass der Anleger ein klares Szenario vor Augen hält. Ein Investor muss also eine starke Ueberzeugung von einem bevorstehenden Trend haben. Wie Sie aus dem oben aufgeführten Beispiel entnehmen können, ist man effektiv erst ab dem "break-even"-Punkt abgesichert. Im Beipiel bezahlt der Investor für eine optimale "Versicherung" seines "Dollarengagements" CHF 27'858 (Anzahl Optionen multipliziert mit dem Optionspreis). In Praxi empfiehlt sich stets ein Mix aus Portfoliostrategie und Wechselkursszenario, sowie eine rechtzeitige Gewinnrealisierung des Absicherungsgeschäftes, da es natürlich nicht notwendig ist, die Optionen erst bei Verfall auszüben. Die Börsenkotierung erlaubt dem Anleger, die Warrants jederzeit inkl. des verbliebenen Zeitwertes wieder zu verkaufen.

Herr Disler, wir danken Ihnen für diese detaillierten Informationen zu einem hochinteressanten Thema.



Interessante Links und Kontakte zum Thema
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Falls Sie Fragen zum Thema haben: sgswiss.derivatives@socgen.com